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‚If you can make it there, you can make it everywhere‘

Dass obiges Zitat auf sie selbst zutrifft, hat mein zweiter Bloggast mehr als bewiesen und kann es auch selbst bestätigen. Die Rede ist von keiner Geringeren als der talentierten Kreativdirektorin und passionierten Fotografin Tanja Valérien-Glowacz. Einer Weltenbummlerin, deren (Mode-)Karriere Anfang der 80-er Jahre in New York begann.

Und weil zwei Talente nicht genug sind und Tanja ein feines Gespür für Menschen hat, setzt die charismatische Tochter von Sportmoderatorenlegende Harry Valerién noch eines drauf und gründet Anfang 2020 mit fast 58 Jahren ihren eigenen Podcast mit dem tiefsinnigen Titel „Gespräche über Wandlung“. 15 spannende Gespräche sind bisher daraus hervorgegangen mit so populären Protagonisten wie BUNTE-Herausgeberin Patricia Riekel, Schauspielerinnen Desiree Nosbusch und Margarita Broich, Multitalent Rufus Beck oder Künstlerin Judith Milberg, um nur einige zu nennen.

Privat ist die noch immer mädchenhaft wirkende Tanja seit 15 Jahren mit dem Extremsportler Stefan Glowacz verheiratet. Bis vor kurzem verbrachten sie als siebenköpfige Patchworkfamilie ihr turbulentes Leben am Starnberger See. Zwei Kinder (27+29) stammen dabei aus Tanjas erster Beziehung und Stefan brachte Drillinge (24) in die Ehe.

Glühende Sommerhitze auf der Hackerbrücke in München Ende Juli. Während unseres lebendigen Shootings zum Interview sind ein paar waghalsige Straßenüberquerungen auf Münchens beliebtester Brücke notwendig. Mit Blick auf die ein- und ausfahrenden Züge ist es für mich DIE perfekte Location um meinen nächsten Gast zu begrüßen. Und dieser Gast ist besonders. Der Lockdown während der Corona-Krise hat uns zusammengeführt. Beim Retailers-Talk von Gabriele Frantzen sah Tanja mich und nahm Kontakt auf. Wir trafen uns zu einem Gespräch an der Isar aus dem eine wunderbare Begegnung hervorging. Tanja machte mit mir einen Podcast und fotografierte meine Denim-Kampagne #itsnotaboutage. Der Rest ist Geschichte.

Tanja, was hat dir dein Vater mitgegeben?

Ich glaube, eine gewisse Güte dem Leben gegenüber, dass man nicht alles selbstverständlich nimmt. Dass man versucht, anzunehmen, was das Leben einem bringt, sich nicht wehrt gegen das Schicksal, sondern das Schicksal als Chance betrachtet.

Wie genau meinst du das?

Na ja, Dinge…die nicht so bequem sind, schwierige und schmerzhafte Situationen. Viele fragen sich ja: ´Oh Gott, warum muss es mir passieren?!´ Sich nicht selbst zu bemitleiden, nicht in die Opferrolle zu gehen und vertrauen, dass alles seinen Sinn hat. Meinem Vater war wichtig, dass man die Dinge mit Fassung und Besonnenheit trägt. Dass auch die Stolpersteine einen Sinn haben. Wenn wir z.B. geweint haben, weil wir uns an der Tischkante angeschlagen hatten, sollten wir uns hinsetzen und überlegen, warum das passiert ist. Gleichzeitig hat er aber uns Kindern das Gefühl gegeben, dass er uns ganz toll findet.

Tanja mit ihrem Vater, Sportmoderatorenlegende Harry Valérien

Wie ist es für ein Kind ein Leben in der Öffentlichkeit zu führen?

Ich fand es gut, hab es mit Humor genommen. Ich fand es nie schlimm, wenn die BILD-Zeitung kam und am Strand eine Homestory gemacht wurde. Meine Schwester hat es oft sehr gestört. Dieses Sonnenlicht, was man abbekommt, das habe ich auch genossen. Das darf man ehrlich zugeben. Aber meinem Vater war wichtig, dass wir uns nichts darauf einbilden.

Du bist dann mit 20 Jahren nach New York gegangen, um Modedesign zu studieren?

Ich studierte an der berühmten Parson’s School of Design, 5th Avenue im Village und habe dort drei Jahre verbracht. Das Interesse für Mode ist sozusagen schon in mich hineingeboren. Meine Mutter war ein Hippie, trug damals Hot pants, lila Fransenwesten und Stirnbänder mit Spiegeln drauf. Meine Großmutter hatte einen großen Laden für Kindermode mit eigenen Näherinnen in München und mein Opa, ein norwegischer Skispringer, verkaufte eigene Schuhdesigns in seinem Laden in der Sendlinger Straße. Er produzierte die ersten farbigen Schlittschuhe. Meine Schwester und ich waren immer top modisch gestylt. Ich besaß über 20 Barbie-Puppen, für die ich früh anfing, mit Stoffen und einem Tacker Kleider zu nähen. Zur gleichen Zeit begann ich Frauen zu malen. Ich habe sehr viel gemalt, wollte eigentlich Malerin werden, aber dann hat es mich doch gestört, wenn andere meine Bilder begutachteten und beurteilten.

Was hast du in N.Y. gelernt?

New York ist eine Stadt… wenn du kein Selbstbewusstsein hast, wirst du dort auch keines bekommen. Es ist eine Stadt, wo nur Menschen überstehen können, wenn sie mit einer großen Portion Selbstvertrauen hingehen. Du fühlst dich dort wie eine kleine Ameise. Es gibt so viele tolle, kreative Menschen, die habe so viele tolle Ideen und du musst ganz schön beißen und nicht gleich die Flinte ins Korn schmeißen. New York ist ein Katalysator für Selbstbewusstsein, Hoffnung und Mut. Die Stadt kann dich aber auch aussaugen, wie eine Zitrone. Viele egoistische Menschen kommen dort zusammen. Es gibt keine echten Freundschaften, ein jeder schaut, vom wem er profitieren kann. Schon Frank Sinatra sang es.

Tanja, du hast einen ganz eigenen Stil, wie würdest du ihn selbst beschreiben?

Bohemian trifft es schon gut. Eine Mischung aus Hippie und Folklore. Wir sind im Sommer immer nach Ibiza gefahren, das hat meinen Modestil sehr beeinflusst. Damals trug ich Cowboystiefel zu Satinhotpants. Ich bin in den 70-er Jahren so eine richtiges Ibiza-Teenie-Girl gewesen, liebe noch immer Mustermix und Leo genauso wie Blumenmuster auf Chiffon. Wenn ich mal schlicht trage, was selten vorkommt, dann aber wenigstens mit Volants. Ich habe ja auch für meine Barbies schon sehr jung Mode gemacht. Habe auch im Teeniealter meine eigenen Outfits an der Nähmaschine selbst genäht, damit ich in der Schule etwas anhabe, was keiner hatte.

Fashion war also eine richtige Leidenschaft….

Schon mit 18 bin ich nach Paris gepilgert, habe mich als Groupie draußen vor den Zelten am Louvre der Fashionshows hingestellt, in der Hoffnung, dass die mich im letzten Moment reingelassen. Es hat immer geklappt. Oft setzte ich mich dann einfach auf einen freien Platz in den ersten Reihen, in der Hoffnung, derjenige komme nicht. Das war noch vor meinem Studium in New York. Später als Moderedakteurin musste ich das dann nicht mehr, da bekam ich eine offizielle Einladung nach Paris.

Wie wichtig ist ein eigener Style?

Ein eigener Stil wird immer wichtiger. Mich zu verkleiden habe ich schon lange abgelegt. Mir ist es wichtig, weiblich angezogen zu sein. Ich würde mir zum Beispiel nie meine langen Haare abschneiden lassen, nur weil kurze Haare trendy oder gar praktisch sind.

Hackerbrücke wird zum Catwalk, Foto: Jutta Sixt Fotografie

Welche Designer zählen zu deinen Lieblingen? Ich mag das australische Label Zimmermann sehr gerne, aber ebenso Kleider und Röcke der Französin Isabel Marant. Ich habe viele Einzelstücke von verschiedenen Designerlabels, bin ein sogenannter Cherrypicker. Mixe zum Beispiel einen Rock von Cavalli mit einer Bluse von Isabel Marant. Viktoria Beckham ist mir zu steif, das bin ich nicht, das ist, als müsste man ein Klischee bedienen. Ganz toll fand ich übrigens auch immer Azzedine Alaia, aber leider waren seine Designs viel zu teuer.

Tanja, dein Selbstbewusstsein ist beneidenswert, hattest du jemals einen Mentor?

Nein, das hatte ich nie. Ich war nie Assistentin, mein erster Job war schon in Chefposition. Ich hatte schon immer ein starkes Selbstvertrauen, habe immer gedacht, dass ich das schon schaffe und kann. Vielleicht war ich ein wenig zu dominant, ich habe auch nie nach Rat gefragt. In meinem ersten Job wurde ich von der Frau des Chefs mit der Begründung rausgeschmissen: „Tanja, du strahlst so, bist immer so guter Laune!“ Ich habe auch schon mal zu hören bekommen: „Tanja, so ein bisschen demütiger…!“ Wenn sich wieder einmal jemand von mir überrollt fühlt, gelobe ich mir selbst immer, mich zu bessern😊.

Was ist dein Job als Kreativdirektorin?

Ich mache die Inszenierung von Marken, Kampagnen… Markeninszenierungen. Bin ein Imagemaker, sehe mir die Marken an, hinterfrage, welche Zielgruppe sie haben und spüre, was die Zielgruppe ansprechen könnte. Dann produziere ich alles von A-Z, suche den passenden Fotografen, die Locations, buche Models, mache die Bildauswahl und gestalte mit meiner langjährigen Grafikerin das Layout. Dabei bin ich hauptsächlich spezialisiert auf Mode, Sport und Interior. Wichtig ist doch, dass du einen Bezug oder eine Bindung zu einer Marke aufbaust. Das Image einer Firma ist immens wichtig. So ist auch die Entscheidung, auf welchem Papier drucke ich beispielsweise den Katalog, produziere ich auf farbig oder mattem Papier, wichtig. Wie sieht die Landingpage der Marke aus? Das alles sind Fragen, mit denen ich mit beschäftige, wenn ich an dem Image einer Marke arbeite. Das mache ich seit über 35 Jahren und ich liebe es wie am ersten Tag.

Seit Anfang diesen Jahres gibt es nun eine neues Projekt – deinen Podcast. Welche Mission hast du dabei?

Ich möchte etwas machen, was in die Tiefe geht und nicht nur mit Oberflächlichkeiten zu tun hat. Ich habe eigentlich keine Mission. Ich interessiere mich für Menschen, besitze eine Neugierde. Dabei darf ich anderen Menschen besondere Menschen vorstellen. Ich spreche mit Menschen in ihrem Zuhause und fotografiere sie direkt nach unserem Gespräch, so wie ich sie in diesem Moment spüre und empfinde. Die oft berührende Geschichten dieser Menschen schenken Trost und Hoffnung.

Ich selbst habe Momente in meinem Leben gehabt, wo du verzweifelt bist und denkst, das Glück hat dich verlassen. Meine Schwester starb 2007 mit nur 42 Jahren innerhalb drei Wochen an Brustkrebs und hinterließ damals zwei kleine Kinder. Der Junge hat das Down-Syndrom, er lebt mit seiner Schwester bei meiner Mutter am Ende unserer Straße. Diese Tragödie hat uns als Familie noch stärker verbunden, uns alle irgendwie zusammengeschweißt.

Und ich weiß heute, dass jedes Schicksal auch immer eine Chance ist. Eine Chance, sich weiterzuentwickeln, sich besser kennenzulernen, neue Wege zu gehen und zu erkennen, dass die Liebe das Wichtigste in unserem Leben ist.

„Ich selbst habe auch Momente in meinem Leben gehabt, wo du verzweifelt bist und denkst, das Glück hat dich verlassen.“ Foto: Jutta Sixt Fotografie

Danke für das berührende und inspirierende Gespräch!

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